Die integrale Theorie ist ein systematisches Modell für eine holistische, kosmisch-evolutionäre Welterklärung ohne materialistische Reduktion, sondern unter Einbeziehung der Eigenart und Wirksamkeit des Geistigen im Kosmos. Sie geht davon aus, dass die in der modernen Wissenschaft stark ausdifferenzierten Wirklichkeitsbereiche von Natur, Mensch, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur in der Realität vielfältig verflochten sind. Für eine zukunftsfähige oder nachhaltige Entwicklung braucht es daher neben den Einzel- oder Fachwissenschaften auch die Welt als Ganzes auf neue, moderne integrierende Denkansätze, Forschungen und Theorien.
Einer der wichtigsten gegenwärtigen Vertreter der integralen Theorie, Ken Wilber, vertritt die Auffassung, dass auch mystische und spirituelle Erfahrungen Wissen über die Natur vermitteln können und deshalb in einem umfassenden Weltmodell ebenso wie wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden müssen. Mittels geeigneter Übungsmethoden wie der Meditation sei es sogar möglich, diese intersubjektiv zu überprüfen. Dies wird auch mit der Verbreitung dieser spirituellen Erfahrungen quer durch viele Kulturen und Epochen sowie ihrer prinzipiellen Zugänglichkeit durch meditative Praxis begründet. Nach Ken Wilber bestünde die Aufgabe eines integralen Theoretikers nicht darin, alle existierenden Theorien zu betrachten und zu entscheiden, welche davon „richtig“ sei. Vielmehr müsse er erklären, in welchem Kontext die Gesamtheit dieser Ideen „richtig“ sein könne. Denn all diese Theorien in Wissenschaft, Kunst und Spiritualität würden ja tatsächlich praktiziert und man müsse daher nach der Struktur des Kosmos fragen, der ein Aufkommen so vieler grundverschiedener Disziplinen gestatte. Es sei also die Frage nach der Architektur des Universums selbst zu stellen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt integraler Theorie besteht darin, zwischen den verschiedenen Ansätzen zur menschlichen Subjektivität zu vermitteln. So wird einerseits davon ausgegangen, dass das individuelle Ich oder Ego nicht die höchste Qualität menschlicher Handlungsfähigkeit darstellt, sondern in einem komplexeren transpersonalen Selbst aufgehen kann, das auch die anderen Wesen im eigenen Denken, Fühlen und Handeln berücksichtigt. Andererseits wird jedoch die Bedeutung des Ich als zentrale Instanz individueller Handlungsfähigkeit betont und sich damit von spirituellen Ansätzen abgegrenzt, welche das Ich in universeller Einheit auflösen möchten.
Quelle: Wikipedia